Richard A. Epstein ist James Parker Hall Distinguished Service Professor Emeritus of Law und Senior Lecturer an der University of Chicago Law School. Der folgende Aufsatz wird im Rahmen der Conference on European Contract Law: A Law-and-Economics Perspective am 27./28. April 2012 vorgestellt. Der Aufsatz ist hier online abrufbar.

In seinem Aufsatz widmet sich Epstein der Frage, ob grenzüberschreitende Transaktionen eines speziellen Vertragsrechtsregimes bedürfen; dabei bezieht er sich insbesondere auf das von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Gemeinsame Europäische Kaufrecht. Grundsätzlich steht Epstein der Präferenz der Europäischen Kommission für Rechtsharmonisierung kritisch gegenüber und warnt vor Überregulierung. Darüber hinaus betont er die Vorteile eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen den verschiedenen europäischen Vertragsrechtsordnungen und plädiert vor diesem Hintergrund dafür, den Kommissionsentwurf abzulehnen.

1. Epstein über Heterogenität

In empirisch-soziologischer Hinsicht betont Epstein die Heterogenität und unterschiedliche Schutzbedürftigkeit von Verbrauchern und kleinen wie mittelständischen Unternehmen. Vor diesem Hintergrund ruft er zu Vorsicht gegenüber zwingenden Vorschriften zum Schutze dieser Wirtschaftsteilnehmer auf. Einerseits könnten die im Gemeinsamen Europäischen Kaufrecht enthaltenen zwingenden Vorschriften durch ein bestimmtes Maß an Standardisierung sowie den Ausgleich von ungleicher Verhandlungsmacht und Informationsasymmetrien grundsätzlich zur Senkung der allgemeinen Transaktionskosten beitragen. Andererseits sieht Epstein die Gefahr, dass diese durch die Beachtung bestimmter zwingender Vorschriften in so einem Maße erhöht werden, dass bestimmte Wirtschaftsteilnehmer davon abgehalten würden, miteinander zu kontrahieren.

2. Epstein über Harmonisierung

Im zweiten Teil des Aufsatzes hinterfragt Epstein die vermeintliche Präferenz der Europäischen Kommission, zum Zwecke der Regulierung grenzüberschreitender Transaktionen auf das Mittel der Rechtsharmonisierung zurückzugreifen. Als Alternative verweist er auf die Möglichkeit dezentraler Regulierung. Insbesondere plädiert er dafür, einen ständigen Wettbewerb der Vertragsrechtsordnungen in Europa zuzulassen, da diese somit einem permanenten Verbesserungsdruck ausgesetzt seien. Schließlich stellt Epstein die Frage, warum gerade die Europäische Union die geeignete Institution dafür sein sollte, bestimmte vertragsrechtliche Regelungen zu formulieren. Überhaupt besteht laut Epstein kein Grund dafür, die Kompetenz, Vertragsbedingungen zu formulieren, staatlichen Einrichtungen vorzubehalten.

3. Epstein über Forumwahl, Rechtswahl und zwingende Vorschriften

Das Gemeinsame Europäische Kaufrecht macht die Gerichtsbarkeit von Verbraucherverträgen grundsätzlich von dem gewöhnlichen Aufenthalt des Verbrauchers abhängig. Allerdings, so Epstein, sei der Verbraucherschutz nicht Selbstzweck sondern lediglich ein Mittel, um den Nettowert von Verbrauchertransaktionen zu maximieren. Aus diesem Grund kann es unter Umständen für beide Parteien von Vorteil sein, wenn sich die Gerichtsbarkeit nach dem Sitz des Unternehmens richtet. Folglich kritisiert Epstein das strikte Regime des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts, welches diese Möglichkeit ausschließt. Darüber hinaus gehe das Gemeinsame Europäische Kaufrecht beim Schutz von kleinen und mittelständischen Unternehmen zu weit. Insbesondere bedürften diese keines verbraucherähnlichen Schutzes. Schließlich führe auch eine einseitige Privilegierung von kleinen und mittelständischen Unternehmen lediglich zu einer Erhöhung der Transaktionskosten für größere Unternehmen. Grundsätzlich sollten Unternehmen laut Epstein selbst die Vertragsbedingungen bestimmen, an die sie gebunden sein sollen.